
Welthungerhilfe: Jeder elfte Mensch weltweit leidet an chronischem Hunger

Aufgrund der Klimakrise, bewaffneter Kriege und zunehmender globaler Ungleichheit steigt die Anzahl der weltweit von Hunger betroffenen Menschen - jeder elfte Mensch leidet nach Angaben der Welthungerhilfe an chronischem Hunger. "Die Beseitigung des Hungers muss politische Priorität bleiben", forderte Welthungerhilfe-Präsidentin Marlehn Thieme zur Vorstellung des Jahresberichts 2024 der Organisation am Donnerstag. Massive Kürzungen bei Auslandshilfen drohen jedoch, die Lage weiter zu verschlechtern.
Nach UN-Angaben litten im Jahr 2023 etwa 733 Millionen Menschen unter Hunger. Die private Hilfsorganisation Welthungerhilfe leistet Nothilfe und konzentriert sich zudem darauf, in Zusammenarbeit mit Partnern vor Ort die Nahrungsmittelproduktion in den betroffenen Ländern selbst zu fördern.
Im Jahr 2024 kooperierte die Welthungerhilfe mit insgesamt 318 nationalen Hilfsorganisationen und unterstützte nach eigenen Angaben in 37 Ländern mit 649 Auslandsprojekten rund 18,7 Millionen Menschen. Der Großteil der Hilfen, insgesamt 224,2 Millionen Euro, floss in Projekte in Afrika, gefolgt von Asien, Europa und Südamerika sowie die Karibik.
Der Südsudan in Ostafrika, eines der ärmsten Länder der Welt, war dem Jahresbericht zufolge im Jahr 2024 mit 60,6 Millionen Euro das Land mit der höchsten Projektförderung. An zweiter Stelle folgte Syrien mit Projekten in Höhe von 25,6 Millionen Euro. Nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Baschar al-Assad im Dezember 2024 weitete die Organisation ihre dortige Arbeit aus. "Rund 40.000 Menschen erreichen wir mit Brotverteilungen im Nordwesten Syriens pro Monat", heißt es in dem Bericht.
Die massiven Etatkürzungen bei der weltweiten Entwicklungszusammenarbeit insbesondere in den USA gefährdeten derzeit jedoch die Arbeit der Hilfsorganisationen, erklärte Thieme im Jahresbericht der Welthungerhilfe. Die Organisation setze nun vermehrt auf die Stärkung lokaler Gemeinschaften, innovative Ansätze und bessere Vernetzung mit internationalen Partnern. So könne die Welthungerhilfe trotz schwieriger Bedingungen wirksam bleiben.
Die US-Kürzungen sind besonders einschneidend, weil die USA international bisher einer der größten Geldgeber für Entwicklungshilfeprojekte waren. Hinzu kommen weitere Kürzungen auch anderer Länder, darunter Deutschlands, vor allem wegen der schwierigen Wirtschaftslage und wachsender Militärausgaben.
Ein besonderes Augenmerk legte die Welthungerhilfe zudem auf der Lage im Nahen Osten. "Der Krieg in Gaza stellt uns und alle anderen Organisationen täglich vor große Herausforderungen", erklärte Welthungerhilfe-Generalsekretär Mathias Mogge im Jahresbericht. Es sei inakzeptabel, "dass nicht genügend Hilfsgüter in den Gazastreifen geliefert werden und Menschen auf der verzweifelten Suche nach Nahrung auch noch getötet werden".
Von den rund 2,1 Millionen Menschen in dem Küstenstreifen seien schon fast 500.000 in einer "wirklich prekären Hungersituation", sagte Welthungerhilfe-Präsidentin Thieme im ZDF-"Morgenmagazin". Seit April könne ihre Organisation jedoch nicht mehr in den Gazastreifen, da Israel den Zugang blockiere. "Unsere Lager in Amman (in Jordanien) sind voll", sagte Thieme. Die Welthungerhilfe-Präsidentin forderte "den unmittelbaren Zugang ganz schnell nach Gaza für unabhängige Hilfsorganisationen".
Nach Angaben der UNO kam es bereits in den vergangenen Jahren zu Rückschritten beim Kampf gegen den Hunger: 2023 waren schätzungsweise rund neun Prozent der Weltbevölkerung mangelernährt. 2019 waren es 7,5 Prozent. Das aktuelle Niveau der Unterernährung ist nach Angaben der Welthungerhilfe damit vergleichbar mit dem von 2008. Die Welt sei also um rund 15 Jahre zurückgeworfen worden bei der Überwindung des Hungers.
C.Noh--SG