Urteil: Kein Schmerzensgeld für in Notwehrlage abgeschlagene Hand
Wer sich aus Angst um sein Leben in unvermeidbarer Weise irrtümlich in einer Notwehrlage wähnt und dem mutmaßlichen Angreifer dabei eine Hand abschlägt, muss einem Urteil aus Rheinland-Pfalz zufolge kein Schmerzensgeld zahlen. Das Landgericht Koblenz wies nach Angaben vom Dienstag eine entsprechende Klage des Geschädigten ab. Dieser forderte Schmerzensgeld von einem Mann, der ihm mit einer Machete die linke Hand abschnitt, nachdem er ihn zuvor mit einer Schreckschusswaffe beschossen hatte.
Nach Feststellungen des Gerichts ging der Beklagte von einer scharfen Waffe aus und konnte den Unterschied in der Situation nicht erkennen. Er ging demnach fälschlicherweise, allerdings unvermeidbar von einem Sachverhalt aus, bei dem die Abwehr des Angriffs mit der Machete als Notwehr gerechtfertigt wäre, hieß es in dem Urteil (Az.: 10 O 368/23).
Konkret ging es in dem Prozess um einen Vorfall aus dem August 2020. Nach einer Geburtstagsfeier in Ochtendung fuhr der Kläger mit seinem Auto ein paar hundert Meter von einer Grillhütte in einen Wald hinein und wollte wenden. Auf einem angrenzenden Freizeitgrundstück befand sich der Beklagte und zerschlug mit einer Machete Holz für ein Grillfeuer.
Der Beklagte wurde auf das Auto aufmerksam und ging darauf zu, um seine Hilfe anzubieten. Aus laut Gericht nicht nachvollziehbaren Gründen nahm der Kläger das als aggressiv wahr. Er holte aus seinem Handschuhfach eine Schreckschusspistole und schoss dreimal auf den Mann. Als ein weiteres Auto hinzu kam, stieg der Kläger aus und ging zum Heck seines Fahrzeugs, wo der Beklagte Deckung gesucht hatte.
Weil er davon ausging, dass der Mann weiter auf ihn schießen könnte, schlug dieser mit der Machete mehrmals nach dem Kläger. Dabei schlug er ihm die linke Hand ab. Später wurde sie in einer Operation wieder angenäht.
Vor Gericht verlangte der Verletzte Schmerzensgeld. Dies lehnte das Gericht jedoch ab. Der Beklagte mit der Machete befand sich durch die Gesamtumstände unvermeidbar in einem sogenannten Erlaubnistatbestandsirrtum. Es sei für ihn nicht erkennbar gewesen, dass es sich bei der Waffe, mit der auf ihn geschossen wurde, um eine Schreckschusswaffe handelte. Weil er sich unter scharfem Beschuss wähnte, geriet er in Panik und ging von einem Angriff gegen sich aus.
Seine Handlung mit der Machete war aus seiner Sicht erforderlich, um den vermeintlichen Angriff mit einer scharfen Pistole abzuwehren. Er musste realistischerweise befürchten, dass weiter auf ihn geschossen wird. Der Versuch, die Waffe wegzuschlagen, war aus seiner Sicht das mildeste Mittel, um zu versuchen, sich zur Wehr zu setzen. Eine Flucht wäre nicht zur Abwendung der Gefahr eines möglichen weiteren Einsatzes der Schusswaffe geeignet gewesen, betonte das Gericht.
A.Kim--SG