
Verbotene Budapester "Pride Parade": Ungarn warnt EU-Vertreter vor Teilnahme

Die ungarische Regierung hat EU-Vertreter davor gewarnt, trotz eines von der Polizei verhängten Verbots an der "Pride Parade" in Budapest teilzunehmen. Die Rechtslage sei "eindeutig", erklärte der ungarische Justizminister Bence Tuzson in einem Schreiben an die Botschafter mehrerer EU-Länder, das der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch vorlag. "Die Pride ist eine gesetzlich verbotene Versammlung". Wer daran teilnehme, begehe einen Gesetzesverstoß. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen rief zur Unterstützung der Veranstaltung auf.
Der Minister forderte die diplomatischen Vertretungen auf, sicherzustellen, "dass Ihre Mitarbeiter und Kollegen im Interesse der Klarheit ordnungsgemäß über diesen Sachverhalt informiert werden". Er erinnerte daran, dass die Teilnehmer mit Geldstrafen von bis zu 500 Euro rechnen müssen. Für die Organisation oder den Aufruf zur Teilnahme droht ihm zufolge sogar eine eine einjährige Haftstrafe.
Die Regierung in Budapest reagierte mit dem Schreiben auf eine Reihe von Äußerungen aus anderen Ländern, die zur Unterstützung der Veranstaltung aufriefen. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen forderte die ungarischen Behörden in einem Online-Video am Mittwochabend auf, das Verbot der Demonstration aufzuheben. "Es ist eine grundlegende Freiheit in Europa, für die eigenen Rechte auf die Straße zu gehen", sagte von der Leyen.
An der Demonstration in Budapest wollen auch dutzende Europaabgeordnete und die EU-Gleichstellungskommissarin Hadja Lahbib teilnehmen. Anfang der Woche hatten zudem diplomatische und kulturelle Vertretungen von 33 Ländern in einem gemeinsamen Schreiben zur Unterstützung der Veranstaltung aufgerufen. Fünf der 27 EU-Mitgliedstaaten - Italien, Kroatien, die Slowakei, Rumänien und Bulgarien - hatten sich der Erklärung nicht angeschlossen.
Die ungarische Polizei hatte vergangenen Donnerstag die "Pride Parade" in Budapest verboten. Die Organisatoren wollen am Samstag trotzdem für die Rechte von Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans- und queeren Menschen (LGBTQ) auf die Straße gehen. Auch der Budapester Bürgermeister hatte Widerstand gegen das Verbot angekündigt.
Die rechtsnationalistische Regierung in Ungarn unter Regierungschef Viktor Orban schränkt seit Jahren unter dem Vorwand des "Kinderschutzes" die Rechte von LGBTQ-Menschen ein. Mitte März hatte das ungarische Parlament eine Gesetzesänderung verabschiedet, die auf ein Verbot der jährlichen Pride-Parade abzielt: Damit werden alle Versammlungen untersagt, die gegen das ungarische LGBTQ-Gesetz verstoßen. Dieses Gesetz von 2021 verbietet Darstellungen von Homosexualität vor Minderjährigen.
Im April stimmte das Parlament zudem für Verfassungsänderungen, welche die LGBTQ-Rechte in Ungarn weiter einschränken und ein Verbot der Pride-Parade rechtlich untermauern sollen. In Brüssel sind unter anderem wegen Orbans Vorgehen gegen LGBTQ-Rechte derzeit noch rund 18 Millionen Euro an EU-Finanzmitteln für Ungarn eingefroren.
Am Europäischen Gerichtshof (EuGH) läuft ein Verfahren gegen das LGBTQ-Gesetz von 2021. Die EuGH-Generalanwältin Tamara Capeta hatte Anfang des Monats ein Gutachten vorgelegt, nach dem Ungarn mit dem Gesetz gegen EU-Recht verstößt. Ihre sogenannten Schlussanträge sind noch nicht bindend, die Richterinnen und Richter orientieren sich aber oft daran.
Das Vorgehen gegen die Pride-Parade hatte in Ungarn bereits zu Protesten geführt. In Budapest beteiligten sich in den vergangenen Monaten tausende Menschen an Demonstrationen und Brücken-Blockaden.
Y.Ko--SG