
Friedensforschungsinstitut warnt vor "Wettrüsten" der Atommächte

Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri hat vor einem "gefährlichen nuklearen Wettrüsten" gewarnt. Fast alle der neun Staaten mit einem eigenen Atomwaffenarsenal hätten ihre "intensiven Programme" zur Modernisierung ihrer Bestände fortgesetzt, indem sie bestehende Waffen aufgerüstet oder neuere Modelle hinzugefügt hätten, erklärte Sipri anlässlich der Veröffentlichung seines 56. Jahrbuchs am Montag. Die darin enthaltenen Daten beziehen sich auf den Stand im Januar 2025.
Zwar nahm den im Jahrbuch veröffentlichten Zahlen zufolge die weltweite Gesamtzahl der atomaren Sprengköpfe wie bereits seit dem Ende des Kalten Kriegs im Vergleich zum Vorjahr ab - von 12.405 auf 12.241.
Die Geschwindigkeit beim Abbau der Atomwaffen sinke aber - während gleichzeitig eine größere Zahl an nuklearen Sprengköpfen in Einsatzbereitschaft versetzt werde. Für die "kommenden Jahre" dürfte sich der Trend beim Abbau der Atomwaffenbestände umkehren, hieß es von Sipri weiter.
Die neun Atommächte hielten demnach mittlerweile insgesamt 9614 atomare Sprengköpfe in ihren Militärlagern für einen Einsatz bereit, 29 mehr als noch im Vorjahr. 3912 davon werden nach Sipri-Einschätzung in der Nähe von Raketen oder Flugzeugen gelagert.
2100 Sprengköpfe befänden sich in "hoher Alarmbereitschaft" auf ballistischen Raketen. Fast alle dieser Sprengköpfe in hoher Bereitschaft befänden sich in den Arsenalen der mit Abstand größten Atommächte USA und Russland, es sei jedoch möglich, dass auch China Raketen nuklear bestückt habe.
Den mit Abstand größten Anteil der weltweiten Atomwaffenbestände - rund 87 Prozent - hielten laut Sipri mit Stand Januar 2025 die USA und Russland. Bei beiden Staaten sei damit zu rechnen, dass sie die Anzahl ihrer nuklear bestückten Raketen erhöhen, da nach derzeitigem Stand mit dem New-Start-Abkommen im Februar 2026 das letzte noch wirksame Abkommen zur Begrenzung der Atomwaffenbestände zwischen Moskau und Washington ausläuft.
Bei den übrigen Atommächten handelt es sich um Frankreich, Indien, China, Israel, Großbritannien, Pakistan und Nordkorea. China und Indien erhöhten demnach als einzige Atommächte die Gesamtzahl ihrer nuklearen Sprengköpfe: China von 500 auf 600, Indien von 172 auf 180.
Nach Einschätzung von Sipri-Leiter Dan Smith könnte insbesondere China in den kommenden "sieben bis acht Jahren" seine Atomwaffenbestände womöglich auf bis zu 1000 erhöhen. "Ich sage nicht, dass es geschehen wird, aber es ist möglich", sagte Smith im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Dadurch würde Peking zu einem "deutlich wichtigeren Akteur".
Äußerst kritisch äußerte Smith sich zudem zu einem möglichen Einsatz sogenannter taktischer Nuklearwaffen mit geringerer Sprengkraft. "Es sieht tatsächlich so aus, als würden mehrere Länder, mehrere Regierungen darüber nachdenken, kleinere Atomwaffen als irgendwie besser einsetzbar, als eine Art freundliches Gesicht der Atomwaffen zu betrachten", sagte der Sipri-Chef AFP und fügte hinzu: "Aber Atomwaffen haben kein freundliches Gesicht. Nirgendwo."
E.Jung--SG